Zeitungsartikel Haller Kreisblatt vom 24.04.2021 Mama sitzt im Knast Quelle: Haller Kreisblatt vom 24/25.04.2021

Von Jonas Damme

Steinhagen/Bielefeld. Sabrina Kohlert, 32, wurde wegen mehrfachen Betruges zu mehreren Jahren Haft verurteilt. Die sitzt sie seit einiger Zeit im offenen Vollzug im Hafthaus Ummeln der JVA Bielefeld-Senne ab. Für sie eine harte Zeit, sicher. Aber nicht nur für sie: Sabrina Kohlert hat drei Kinder.

Wie erzählt man denen, dass man – zu Recht – für ein Verbrechen büßen muss. Eine Frage, deren Antwort die junge Frau allein finden musste. „Mein Ex-Mann hat ihnen erst erzählt, ich müsste arbeiten, dann, ich wäre im Krankenhaus", blickt die Inhaftierte auf den Anfang ihrer Strafe zurück. „Natürlich haben sich die Kinder Sorgen gemacht." Bei einem gemeinsamen Termin außerhalb der Anstalt habe sie den Kleinen dann reinen Wein eingeschenkt. „Es ist auf jeden Fall wichtig, ehrlich zu sein, nicht auch noch seine Kinder zu belügen", sagt Sabrina Kohlert. „Ich möchte ja auch, dass meine Kinder ehrlich zu mir sind."

Bei Erwachsenen reicht eine Entschuldigung manchmal nicht

Die Kinder hätten durchaus Verständnis gezeigt. „Eines fragte: Kannst du dich nicht einfach entschuldigen?", erzählt die 32-Jährige. „Da musste ich erstmal erklären, dass das bei Erwachsenen manchmal nicht ausreicht." Als sie verstanden hatten, was los ist, hätten ihre Kinder sie mit Fragen überhäuft: „Bekommst du da auch was zu essen? Hast du ein Bett? Das waren ihre größten Sorgen."

Ehrlichkeit sei aber nicht so einfach, wie es klinge. Immerhin gebe es viele Gründe, die Wahrheit zu verschweigen. „Mein Ex-Mann war, als ich in U-Haft saß, mit der Situation überfordert." Außerdem habe sie Angst gehabt, den Kindern zu schaden, befürchtete, dass sie zum Beispiel gemobbt würden, wenn ihre Freunde von der Haftstrafe erführen. „Mein große Angst war einfach, dass sie Nachteile haben."

„Aber mittlerweile stehen meine Kinder dazu"

Tatsächlich habe sich das aber nicht bestätigt. So würden zum Beispiel Lehrer, die sie informiert habe, sehr diskret mit der Situation umgehen. „Aber mittlerweile stehen meine Kinder dazu. Ich sehe sie regelmäßig."

Um anderen Müttern im Gefängnis zu helfen, hat Sabrina Kohlert ein kleines Buch geschrieben und mit Hilfe der Diakonie veröffentlicht. „Ich habe schon immer sehr gerne geschrieben", sagt sie. Aus der Sicht eines Kindes erzählt sie, wie es die Situation erlebt. „Es ist böse auf den Papa, weil der immer nur Ausreden hat", beschreibt die Autorin ihr Werk. In kindgerechter Sprache erzählt sie die Geschichte eines kleinen Elfs, der sich große Sorgen um seine Mutter macht. Weil ihm niemand etwas sagt, befürchtet er, dass sie sehr krank sein könnte und verzweifelt. Am Ende weiß der kleine Elf endlich, warum seine Mutter nicht bei ihm sein kann und er ist beruhigt, dass sie nicht krank ist. Er findet einen eigenen Umgang mit der Situation und kann seine Mutter nun auch besuchen – ein Ergebnis, wie es die Autorin allen mitinhaftierten Müttern wünscht.

Die Erstauflage beträgt 100 Exemplare

Das Buch „Der traurige kleine Elf" mit liebevollen Illustrationen ist in erster Auflage von 100 Exemplaren von der Diakonie Bielefeld vor allem für betroffene Eltern herausgegeben worden. Exemplare können für 2,50 Euro pro Stück zuzüglich Versandkosten bei der Diakonie Bielefeld bestellt werden (Vivi-Ann.Loebbe@diakonie-fuer-bielefeld.de).

Für Sabrina Kohlert und ihre Kinder endet die Trennung voraussichtlich schon in wenigen Wochen: Die Betrugsstrafe ist abgebüßt. Ihre noch junge Karriere als Hobby-Autorin soll aber auch in Freiheit weitergehen, wünscht sich die Mutter. „Ich werde definitiv weitermachen, es soll noch mehr Bücher zum Thema geben", kündigt sie an. „Als Nächstes schreibe ich über das erste Weihnachten in Haft."