Zeitungsartikel Haller Kreisblatt vom 20.04.2020 Besuchsverbot sorgt im Frauengefängnis für Anspannung Quelle: Haller Kreisblatt vom 20.04.2020

Von Jonas Damme

Steinhagen. Gerade im Gefängnis macht Corona keine Probleme. „Die sind ja sowieso schon eingesperrt" – sollte man meinen. Stimmt aber keineswegs: Das Gegenteil ist der Fall. Da in den Justizvollzugsanstalten Einzelzellen die Ausnahme sind, ist es extrem schwierig, Menschen zu separieren. Die JVA Bielefeld-Senne hat bereits mehr als 200 Inhaftierte in eine sogenannte „Haftunterbrechung" geschickt. Die Gefangenen, die bis Ende Juli sowieso entlassen worden wären, sollen räumliche Kapazitäten frei machen, um die Übriggebliebenen voneinander zu trennen.

Zur Eindämmung des Erregers sind außerdem sämtliche Besuche und andere Möglichkeiten mit der Außenwelt in Kontakt zu treten, bis auf wenige Ausnahmen untersagt worden. Auch innerhalb ihrer jeweiligen Haftgebäude müssen sich die Straftäter und Straftäterinnen an zusätzliche Hygiene- und Abstandsregeln halten.

Das Besuchsverbot trifft die inhaftierten Mütter in der Außenstelle an der Brockhagener Straße natürlich besonders hart. Sie müssen auf den direkten Kontakt zu ihren Kindern vorerst auf unbestimmte Zeit verzichten. Um den psychischen Stress zu mildern, wurde für sie zumindest der eigentlich streng regulierte Handygebrauch etwas gelockert, so dass sie derzeit zweimal täglich über einen längeren Zeitraum mit den Angehörigen telefonieren können.

Gleichzeitig wird versucht, durch verstärkte Sportangebote – unter Einhaltung des nötigen Abstands – einem Bewegungsmangel und den damit verbundenen negativen körperlichen Folgen entgegenzutreten.

Regenbogen-Challenge im Frauengefängnis

Damit die Stimmung im Vollzug vor diesem Hintergrund trotzdem nicht kippt, insbesondere weil nicht absehbar ist, wie lange die Maßnahmen noch anhalten, machen sich die Bediensteten Gedanken, was man sonst noch mit den Frauen machen kann. In den vergangenen Wochen wurden bereits Blumenzwiebeln, Töpfe und Erde besorgt. Viele der Insassinnen haben sich Blumen gepflanzt und holen somit ein bisschen Garten in die Zelle.

Zudem wurde die bekannte „Regenbogen-Challenge" für Kinder aufgegriffen. Ausgestattet mit Stiften und Papier konnten die Frauen einen Ort, an dem sie sich wohlfühlen würden, oder einen Regenbogen zeichnen. Entgegen der üblichen Bestimmungen dürfen diese Bilder an die äußere Haftraumtür geklebt werden, um etwas Farbe in den tristen Alltag zu bringen. Wer also derzeit zwischen Steinhagen und Brockhagen unterwegs ist, sollte einen Seitenblick auf das große, weiße Gebäude wagen. Als Ersatzbeschäftigung haben einige Frauen nun auch begonnen, Schutzmasken für sich und andere zu nähen.

Als besonderes Highlight wurde mit den Steinhagener Frauen auf freiwilliger Basis ein kleines Fotoshooting gemacht. Das sollte die Frauen ermuntern, sich mal wieder zurechtzumachen – zu schminken, die Haare zu stylen und schick anzuziehen. So, wie es sonst üblich war, wenn sie die Zeit außerhalb der JVA mit ihren Angehörigen verbracht haben.

Die Außenstelle Steinhagen bietet Platz für rund 50 Frauen, überwiegend Mütter. Derzeit sind dort deutlich weniger Inhaftierte. Tatsächliche Coronafälle sind in der gesamten JVA Bielefeld-Senne noch nicht gemeldet.