Zeitungsartikel Die Glocke vom 01.11.2019 Wenn die Mutter hinter Gittern sitzt Quelle: Die Glocke vom 01.11.2019

Von unserem Redaktionsmitglied Lissi Walkusch.

Steinhagen. Es ist fast 500 Tage her, dass Stefanie (Name geändert) ihre Kinder zuletzt gesehen hat. Ihren Söhnen hat sie erzählt, dass sie im Ausland arbeite. In Wirklichkeit sitzt sie im Gefängnis.

Zunächst war sie in Untersuchungshaft, dann im geschlossenen Vollzug. Seit einigen Tagen lebt sie in der Steinhagener Außenstelle der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bielefeld-Senne. Dort ist man spezialisiert auf Mütter, die Haftstrafen absitzen müssen.

Es ist bereits die zweite Inhaftierung für die zweifache Mutter. Beide Male wurde sie wegen Betrugs verurteilt. Ein Delikt, das bei Frauen häufiger vorkommt. 23,9 Prozent der weiblichen Strafgefangenen in NRW sitzen wegen Betrugs und Untreue ein. Nur die Deliktgruppe Diebstahl und Unterschlagung ist mit 31 Prozent größer.

Gewalttaten sind bei Frauen seltener als bei Männern. „Die sitzen in den seltensten im Gebüsch und überfallen jemanden“, sagt Kerstin Brandau-Fiebig. Sie ist die Abteilungsleiterin des Frauenbereichs. Bei jugendlichen Mädchen gebe es aber schon den Trend, dass sie gewaltbereiter und aggressiver seien. „Das geht zum Teil schon in Richtung Folter.“

Bei der Außenstelle in Steinhagen handelt es sich um einen offenen Vollzug. Dort sind Ausgänge erlaubt. 50 Plätze gibt es, derzeit sind 44 belegt. Die Insassen arbeiten tagsüber. Am Wochenende sind die meisten für ein paar Stunden bei ihren Familien. „Uns ist wichtig, dass sie für sich selbst sorgen können“, sagt Bereichsleiterin Nuriye Massey. Junge Insassinnen, die keine Ausbildung haben, können diese unter Umständen dort nachholen.

Stefanie hat eine berufliche Ausbildung. Da sie allerdings erst seit kurzer Zeit im offenen Vollzug ist, hat sie noch keinen Job. „Ich hoffe, das ändert sich bald“, sagt die 32-Jährige. Die Kinder leben beim Vater. Er weiß von der Situation. „Am Anfang war er selbstverständlich sauer“, sagt Stefanie. Mittlerweile habe man sich zumindest arrangiert. Regelmäßig telefoniert sie mit ihren Söhnen. „Es bricht mir schon das Herz, wenn sie zu mir wollen.“ Regelmäßig fragten die Jungs, wann sie wiederkomme. „Bald“, antworte sie dann. Dabei muss sie noch mehr als drei Jahre absitzen. Erst nach vier Wochen im offenen Vollzug bekommen die Frauen das erste Mal Ausgang. Stefanie will die Zeit nutzen, um ihre Kinder zu besuchen. Sie hat ein mulmiges Gefühl. „Ich bin schon aufgeregt“, sagt sie. Ob sie dann die Wahrheit über ihren Aufenthaltsort erzählt, weiß sie noch nicht.