Zeitungsartikel Haller Kreisblatt vom 11.12.2018 Senioren hinter Gittern Quelle: Haller Kreisblatt vom 11.12.2018


Steinhagen/Bielefeld (jo- da). Die Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne ist der größte offene Vollzug Europas. 410 Bedienstete kümmern sich derzeit um 1.407 Insassen. Entsprechend groß ist der Mitarbeiter-Ortsverband Bielefeld-Oberems. Und entsprechend groß sind natürlich auch die Pensionärstreffen. Nun hatten sich mehr als 40 Ehemalige getroffen, um im Hotel-Restaurant Graf-Bernhardt über alte Zeiten zu sprechen.

Einer der wohl spannendsten Tagesordnungspunkte war die kleine Ansprache der aktuellen Chefin Kerstin Höltkemeyer-Schwick Die JVA-Leiterin kontrolliert nicht nur die zwei großen Hafthäuser in Senne und Ummeln, sondern auch etliche Außenstellen, zwei davon in Steinhagen, eine weitere in Werther. Wie Höltkemeyer-Schwick berichtete, ist ihre Anstalt mit 87 Prozent belegten Plätzen derzeit gut ausgelastet.

Mehr als 90 Prozent der Insassen gehen einer Arbeit nach. Straftäter, bei denen keine Fluchtgefahr besteht, dürfen die JVA tagsüber verlassen, um in der Umgebung einem Beruf nachzugehen. Eine oft zitierte Prozentzahl, die ebenso wichtig ist, war die 0,1. Denn nur dieser Anteil der Verurteilten war im vergangenen Jahr abends nicht vom Tagesgeschäft zurückgekehrt. Und selbst die Ausbleiber tauchten fast immer in kürzester Zeit wieder auf.

Für die Gäste wie für alle anderen war die Rede aber auch eine Möglichkeit, Neues zu erfahren. Und da gibt es derzeit einiges, wie Höltkemeyer-Schwick berichtete. So wies sie auf die Lebensälteren-Station hin, in der Insassen im Rentenalter (Mindestalter 60 Jahre) gesondert betreut werden. Damit reagiert die JVA auf den steigenden Bedarf an Senioren-Zellen. Mit 87 Plätzen ist im Hafthaus Senne die größte Altenstation bundesweit untergebracht. Der wohl prominenteste ältere Häftling war der frühere Top-Manager Thomas Middelhoff, 64.

Die Schwerpunkte der beiden Steinhagener Außenstellen hingegen liegen auf weibliche Insassen und Kriminalität, die mit Drogen in Verbindung steht. In Werther sind vor allem Verhaltensauffällige untergebracht. Die „Ausdifferenzierung" sei gegenwärtig von großem Interesse, so die. Anstaltschefin.

Insassen auf Leben nach dem Knast vorbereiten

Man versuche zunehmend, möglichst individuell beziehungsweise entsprechend ihrer jeweiligen Delikte auf die Gefangenen einzugehen und sie vor allem bestmöglich auf ein gesellschaftskonformes Leben nach dem Gefängnis vorzubereiten. Derzeit arbeite man zum Beispiel an neuen Konzepten im Kampf gegen die Spielsucht, der viele Insassen verfallen sind-

Eine weitere gute Nachricht, die Kerstin Höltkemeyer-Schwick noch verkünden durfte, war die Weihnachts-Amnestie, die gerade erst stattgefunden hat. Auf diese Weise können einige Insassen, die sich bisher gut geführt haben und deren Strafzeit sich ohnehin dem Ende nähert, bereits vor dem Heiligen Abend zurück zur Familie.