Zeitungsartikel Neue Westfälische vom 09.08.2015 Stühlerücken in Gefängnissen Quelle: Neue Westfälische vom 09.08.2015


VON SUSANNE LAHR

Brackwede/Senne. Großes Stühlerücken in den Justizvollzugsanstalten (JVA) der Region. Robert Damman, Leiter der JVA Brackwede, ist Ende Juli in den Ruhestand gegangen. Die Stelle des 65-Jährigen übernimmt Uwe Nelle-Cornelsen (52), bisher Leiter der JVA Senne. Für ihn wiederum rückt Kerstin Höltkemeyer-Schwick auf den Chefsessel an der Senner Straße nach. Sie hat bisher die JVA Detmold geleitet.

Robert Dammann hat die Haftanstalt Brackwede, eine Einrichtung des geschlossenen Vollzugs, die vergangenen 13 Jahre geleitet. Mit Erreichen der Altersgrenze hat der gebürtige Brockhagener den Job an den Nagel gehängt. Eigentlich hatte Damman den elterlichen Hof übernehmen sollen und nach der Realschule auch eine landwirtschaftliche Lehre begonnen. Dann machte er jedoch lieber auf dem zweiten Bildungsweg sein Abitur und studierte in Münster Jura. Während dieser Zeit leitete er eine Gesprächsgruppe im dortigen Gefängnis, daher rührte auch seine „Affinität zum Knast“, wie er selbst einmal gesagt hat. Nach dem Studium war er in verschiedenen Anstalten tätig, bis er schließlich 2002 die Leitung der JVA Brackwede übernahm. Robert Dammann war bei aller nötigen Diszplin in seiner Haftanstalt auch immer an einem familienfreundlichen Vollzug gelegen. So wurde unter seiner Ägide das Projekt „Freiräume“ geschaffen, in dem Häftlinge Zeit mit ihren Kindern verbringen können. Auch ein Pilotprojekt für Opferschutz wurde in der JVA Brackwede an den Start gebracht. Außerdem wurden die Vorbereitungen zu Entlassung langjähriger Häftlinge intensiviert.

Uwe Nelle-Cornelsen kennt den geschlossenen Vollzug bestens. Der 52-Jährige war 2012 nach Bochum abgeordnet, nachdemder dortige Leiter nach mehreren Ausbrüchen aus der Haftanstalt suspendiert worden war. Dort hat er nach Auskunft des NRW-Justizministeriums „den Laden gut geleitet“. Und offensichtlich Spaß an der Idee, nach vielen Jahren im offenen Vollzug zu wechseln.

Jurist Nelle-Cornelsen leitet die JVA Senne seit 2009, zuvor war er ab 1998 Leiter der damaligen JVA Brackwede II, die vor fünf Jahren mit der JVA Senne fusionierte und damit zur größten Haftanstalt in Deutschland im offenen Vollzug wurde. Es gibt 450 Bedienstete sowie 1.543 Haftplätze für Männer und 102 für Frauen im Haupthaus an der Senner Straße und in den 16 Außenstellen der JVA Senne. Davon sind zurzeit 1.261 Plätze belegt, respektive 83 bei den Frauen. Uwe Nelle-Cornelsen wird seinen Job an der Umlostraße am 7. September antreten.

Kerstin Höltkemeyer-Schwick ist ebenfalls Juristin. Die JVA Senne kennt die 52-Jährige bestens, weil sie dort von 2002 bis 2006 tätig war, bevor sie die Leitung der Haftanstalt in Detmold (145 Haftplätze) übernahm. Vorher war sie vier Monate stellvertretende Leiterin der JVA Brackwede.

Unter ihrer Ägide wurde in Detmold die Lebensälteren-Abteilung eingerichtet, ein bundesweites Vorzeigeprojekt. Auch in der JVA Senne gibt es eine eigene Abteilung für ältere Häftlinge. Internet-Telefonie für Gefangene mit ihren Angehörigen ist ein weiteres Pilotprojekt, das in Detmold versucht wird.

Höltkemeyer-Schwick gehörte zu den ersten beiden Teilzeit-Chefinnen in einer JVA in Nordrhein-Westfalen und zu den ersten Frauen im Direktorensessel überhaupt. Bis vor wenigen Monaten hatte sie keine volle Stelle, sondern eine Viertagewoche. Jetzt da die beiden Töchter groß sind, arbeitet sie wieder Vollzeit. Es sei gar nicht so einfach gewesen, Teilzeit durchzusetzen. Aber das habe sich entwickelt. Genauso wie Frauen an der Spitze von Männerhaftanstalten. 16 Gefängnisse in NRW stehen unter weiblicher Leitung, darunter große wie Aachen oder Werl. Ihre Stelle in Detmold ist bereits ausgeschrieben.

INFO

Festakt

Nach Auskunft des Justizministeriums wird es am Montag, 21. September, ab 14 Uhr es eine gemeinsame Feier zur Amtseinführung beider JVA-Leiter geben. NRW Justizminister Thomas Kutschaty wird dies höchstpersönlich in der JVA Senne übernehmen. (SL)