Zeitungsartikel Neue Westfälische vom 26.08.2015 Probesitzen im Frauenknast Quelle: Neue Westfälische vom 26.08.2015

Steinhagen (fja). Eine Einladung zum Tag der offenen Tür im Gefängnis entbehrt erstmal nicht einer gewissen Komik. Wer sich mit der Außenstelle Steinhagen der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne näher beschäftigt, stellt fest, dass die Tür hier tatsächlich oft auf steht. Schließlich handelt es sich um eine Anstalt des offenen Vollzugs. Wer neugierig geworden ist, schaut am Freitag, 4. September, einfach mal vorbei.

„Viele fahren hier mit dem Auto lang, aber wissen gar nicht, was bei uns passiert“, sagt Bereichsleiterin Nuriye Massey, „darum möchten wir beim Tag der offenen Tür uns und unsere Arbeit vorstellen.“ Seit März 2014 sind in dem Gebäude an der Brockhagener Straße 55 ausschließlich straffällig gewordene Frauen untergebracht. Steinhagen ist eine von 16 Außenstellen der JVA Bielefeld-Senne und verfügt über 50 Plätze, von denen 43 zurzeit belegt sind. Weil die Zahl weiblicher Inhaftierter unter zehn Prozent liegt, ist das Einzugsgebiet der Einrichtung recht groß. So kommt es, dass auch Frauen aus dem Ruhrgebiet in Steinhagen einsitzen. Ganz oben auf der Liste der Delikte stehen Betrugsfälle.

Tagsüber geht ein Großteil der Frauen einer Arbeit nach. „Im offenen Vollzug geht es ja gerade darum, dass die Gefangenen eine Tagesstruktur aufrechterhalten und ihnen eine Perspektive für die Zeit nach dem Knast aufgezeigt wird“, erläutert Abteilungsleiterin Kerstin Brandau-Fiebig das Prinzip. Der Vollzug sei darauf ausgerichtet, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Obwohl es sich um einen offenen Vollzug handelt, sind die Fenster in den Hafträumen vergittert. „Aber eher, um Besuch von außen zu unterbinden“, klärt Kerstin Brandau-Fiebig auf.

Auch die JVA-Außenstelle selbst bereitet die Frauen – manche sind zu wenigen Tagen verurteilt, andere zu mehreren Jahren – auf das Leben nach der Haft vor. „Es gibt Beratungsangebote und soziale Trainings, aber auch Freizeitangebote wie Yoga und Radtouren“, zählt Bereichsleiterin Massey auf.

Im Unterschied zum Männerknast seien Gesprächsangebote stärker nachgefragt. „Vielleicht, weil die Problemlage oft eine andere ist, etwa wenn es um die Kinder der Frauen geht“, sagt Kerstin Brandau-Fiebig. Und noch ein Unterschied sei augenfällig: „Die Frauen machen es sich meistens schöner in ihren Hafträumen.“

Beim Tag der offenen Tür können Besucher von 15 bis 20 Uhr einen Blick in den Frauenknast werfen. In einen Haftraum, die Küche, den Sportbereich und den Besucherraum. Für Getränke und einen Imbiss ist gesorgt. „Die Frauen backen Kuchen“, kündigt Nuriye Massey an. Die Gäste sollen merken, dass die Inhaftierten hier nicht einfach nur ihre Zeit absitzen. „Natürlich möchten wir auch Vorurteile minimieren“, so die Bereichsleiterin. Denn mit Fernsehserien Marke »Hinter Gittern« hat die Realität in der JVA-Außenstelle wenig gemein.